Nur mit Hilfe eines echten Gurus kann man Krishna verstehen

Srila Prabhupada über den Psychoanalytiker C.G.Jung

| 19. September 2012 | 1 Kommentar

Sri Srimad A.C.Bhaktivedanta Swami Prabhupada (1896-1977), der Gründer-Acharya der Internationalen Gesellschaft für Krishna-Bewusstsein

Muss man einen Guru annehmen, um zu höherem spirituellem Wissen zu gelangen oder kann man dieses Ziel auch aus sich selbst heraus erreichen? Die Antwort der Veden lautet: Nur allein mit Hilfe von Logik und Spekulation können wir nicht verstehen, wer Krishna in Wirklichkeit ist. Wir brauchen dafür die Vedischen Schriften und einen echten spirituellen Meister, der sie uns erklärt. Im folgenden Gespräch diskutieren Srila Prabhupada und sein Schüler Dr. Howard Wheeler (Hayagriva Dasa) über einige Aussagen des weltberühmten Psychologen Carl Gustaf Jung (1875-1961).

Hayagriva Dasa: Jung stellte fest, dass ihm Philosophie und Theologie kein klares Bild von der Persönlichkeit Gottes geben konnten. Er schreibt: „Was ist der Fehler dieser Philosophen, muss ich mich fragen, offensichtlich kennen sie Gott nur vom Hörensagen.”

Srila Prabhupada: Ja, genau darüber klagen auch wir. Die Philosophen, mit denen wir uns beschäftigt haben, konnten keine klare Vorstellung von Gott liefern. Weil sie spekulieren, sind sie nicht fähig, konkrete, klare Informationen bereitzustellen. Was uns betrifft, so ist unser Verständnis von Gott klar, denn wir nehmen einfach die Information entgegen, die der Welt von Gott Selbst gegeben wurde. Krishna wird von den vedischen Autoritäten als die Höchste Person akzeptiert; deshalb gibt es für uns keinen Grund, Ihn nicht als die höchste Person anzuerkennen. Narayana, Shiva und Brahma besitzen die Eigenschaften Gottes in unterschiedlichem Maße, Krishna aber besitzt all die Eigenschaften zu einhundert Prozent, also vollständig. Rupa Gosvami hat dies in seinem Werk Bhakti-rasamrita-sindhu analysiert, das wir übersetzt und unter dem Titel “Nektar der Hingabe” herausgebracht haben. Gott ist auf alle Fälle eine Person, und wenn wir die Eigenschaften des Menschen untersuchen, können wir auch etwas über die Eigenschaften Gottes erfahren. Genau wie wir an unseren Beziehungen mit Freunden, Eltern und anderen Freude finden, genießt Gott Seine verschiedenen Beziehungen. Es gibt fünf direkte und sieben indirekte Beziehungen, die die Lebewesen mit Gott haben können. Weil die Lebewesen Freude in diesen Beziehungen erfahren, wird Gott als akhila-rasamrta-sindhu beschrieben, als der Speicher aller Freude. Es besteht keine Notwendigkeit, über Gott zu spekulieren oder zu versuchen, Ihn sich vorzustellen. Der Vorgang, Ihn zu verstehen, wird in der Bhagavad-gita [7.1.] beschrieben:

mayy asakta manah partha
yogam vunjan mad asravah
asamsayam samagram mam
yatha jnasyasi tac chrinu

„Der Herr sagte: „O Arjuna, höre nun, wie du Mich, frei von allen Zweifeln, erkennen kannst, indem du, völlig über Mich bewusst und den Geist auf Mich gerichtet, Yoga praktizierst.”

Man kann dann etwas über Gott erfahren, wenn man sich stets unter Seinen Schutz bzw. unter den Schutz Seines Repräsentanten stellt. Auf diese Weise wird man Gott erkennen; abgesehen davon gibt es keine Möglichkeit der Gotteserkenntnis.

„Gott ist auf alle Fälle eine Person, und wenn wir die Eigenschaften des Menschen untersuchen, können wir auch etwas über die Eigenschaften Gottes erfahren. Genau wie wir an unseren Beziehungen mit Freunden, Eltern und anderen Freude finden, genießt Gott Seine verschiedenen Beziehungen.“

Hayagriva Dasa: Jung weist auf den Unterschied zwischen Theologen und Philosophen hin. Er schreibt: „Die Theologen sind, wenngleich sie auch widersprüchliche Aussagen über Gott machen, zumindest davon überzeugt, dass Gott existiert … Die Existenz Gottes hängt nicht von unseren Beweisen ab … Ich erkenne, dass Gott, zumindest für mich, eine der gewissesten und unmittelbarsten Erfahrungen war.”

Srila Prabhupada: Ja, das ist eine transzendentale Überzeugung. Man mag Gott nicht kennen, aber es ist sehr einfach zu verstehen, dass es Gott gibt. Man muss noch lernen, was Gottes Eigenschaften sind, aber es gibt keinen Zweifel an der Tatsache, dass Gott existiert. Jeder geistig gesunde Mensch kann verstehen, dass er kontrolliert wird. Wer aber ist nun dieser Kontrollierende?

Der höchste Kontrollierende ist Gott. Das ist die Schlussfolgerung eines geistig gesunden Menschen. Jung hat Recht, wenn er sagt, dass die Existenz Gottes nicht von unseren Beweisen abhängig ist.

Hayagriva Dasa: Jung beschreibt seine Erinnerungen an seine frühe spirituelle Suche folgendermaßen: „In meiner Dunkelheit hätte ich mir nichts Besseres wünschen können als einen wirklichen, einen lebenden Guru zu finden, jemanden, der über höheres Wissen und Fähigkeiten verfügt, der mich losgelöst hätte von den unfreiwilligen Schöpfungen meiner Einbildung.”

„Auf jeden Fall aber kann das Prinzip, einen Guru anzunehmen, nicht übergangen werden. Es ist absolut notwendig.“ – Srila Prabhupada

Srila Prabhupada: Ja. Nach den vedischen Unterweisungen muss man, um vollkommenes Wissen zu erlangen, einen Guru haben. Tad vijnanartham sa gurum evabhigacchet. Der Guru muß in der Tat ein Repräsentant Gottes sein. Er muss Gott tatsächlich und nicht einfach nur theoretisch gesehen und erfahren haben. Wir müssen uns solch einem Guru nähern, und dann werden wir durch Dienst, Hingabe und aufrichtige Fragen Gott verstehen können. In den Veden heißt es, daß jemand Gott dann verstehen kann, wenn ihm der Herr ein wenig Barmherzigkeit zuteil werden läßt; andernfalls wird man für Millionen und Abermillionen von Jahren spekulieren. Die Bhagavad-gita [18.55] erklärt, bhaktya mam abhijanati: „Nur duch Bhakti, durch hingebungsvollen Dienst, kann man den Höchsten Persönlichen Gott so erkennen, wie Er ist. Bhakti beinhaltet sravanam kirtanam visnoh: Hören und Chanten über Sri Vishnu und sich immer an Ihn erinnern. Satatam kirtanvanto mam: Der Gottgeweihte lobpreist stets den Herrn. Wie Prahlada Maharaja im Srimad-Bhagavatam [7.9.43] sagt:

naivodvije para duratvava vaitarantas
tvad virya gayana mahamrta magna cittah

„O Bester der großen Persönlichkeiten, ich fürchte mich nicht im geringsten vor dem materiellen Dasein, denn wo auch immer ich mich aufhalte, bin ich völlig in Gedanken an Deinen Ruhm und Deine Taten vertieft.”

Das Bewusstsein des Gottgeweihten ist immer in den Ozean der transzendentalen Spiele und unbegrenzten Aktivitäten des Höchsten Herrn eingetaucht. Dies ist transzendentale Glückseligkeit. Der spirituelle Meister lehrt seinen Schüler, wie er immer im Ozean des Gottesbewusstseins bleiben kann. Wer unter der Führung des Acharya, des spirituellen Meisters, handelt, weiß alles über Gott.

„In meiner Dunkelheit hätte ich mir nichts Besseres wünschen können als einen wirklichen, einen lebenden Guru zu finden“ – Carl Gustaf Jung (1875-1961), der weltbekannte Psychologe aus Wien

Hayagriva Dasa: Im Jahre 1938 wurde Jung von der britischen Regierung eingeladen, an den Feierlichkeiten der Universität Kalkutta teilzunehmen. Jung schreibt darüber: „Zu jener Zeit beschäftigte ich mich sehr mit indischer Philosophie und Religionsgeschichte und war zutiefst überzeugt von dem Wert orientalischer Weisheit.”

Während dieses Indien Besuches sprach Jung mit einem bekannten Guru, obwohl er im allgemeinen heilige Männer mied. Er schreibt: „Dies tat ich, um zu meiner eigenen Wahrheit zu finden, nicht, um etwas anzunehmen, was ich nicht selbst erreichen konnte. Es wäre mir wie Diebstahl vorgekommen, hätte ich mich bemüht, von den Heiligen zu lernen und ihre Wahrheit für mich zu beanspruchen.”

Srila Prabhupada: Auf der einen Seite sagt er, er will einen Guru, und auf der anderen Seite will er dann wiederum keinen annehmen. Zweifellos gab es viele sogenannte Gurus in Kalkutta. Jung mag vielleicht einige Schwindler gesehen haben, die er nicht mochte. Auf jeden Fall aber kann das Prinzip, einen Guru anzunehmen, nicht übergangen werden. Es ist absolut notwendig.

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Dieser Gesprächsmitschnitt zwischen A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada und seinem Schüler Hayagriva Dasa (Dr. Howard Wheeler), der bisher nur im Internet veröffentlicht wurde, stammt aus dem Jahre 1973. Abgetippt wurde der Text von Haladhara Dasa aus Nienburg.

Lesen Sie auch:

Teil 1: Sex als Ersatz für Gott – Der weltberühmte Psychologe C.G. Jung im Lichte der Veden

Teil 2: Das Ego des Universums – Srila Prabhupada über C.G. Jung und Psychoanalyse

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Bilder: © Wie Es Ist (Ausgabe 1982), Bhaktivedanta Booktrust, Gour-Ni-Times Archives

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Kommentare (1)

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  1. „Man kann dann etwas über Gott erfahren, wenn man sich stets unter Seinen Schutz bzw. unter den Schutz Seines Repräsentanten stellt. Auf diese Weise wird man Gott erkennen; abgesehen davon gibt es keine Möglichkeit der Gotteserkenntnis.“

    Vielen Dank für diese Worte. Das hat mir sehr beim Verständnis der vedischen Tradition geholfen. Vor einer Weile habe ich einen kleinen Beitrag zu diesem Thema geschrieben: https://nischederlichter.wordpress.com/2020/03/01/wie-kann-der-mensch-spirituelles-wissen-erlangen/ fallen euch ein paar Ergänzungen dazu ein?

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