Radharani
Der weibliche Aspekt der Absoluten Wahrheit
Als ich Kind war, klebte ein Aufkleber auf dem Auto unserer Nachbarin, auf dem stand: „Als Gott den Mann schuf, übte sie bloß …“
Das war Anfang der Achtziger Jahre und es gab damals eine starke Feministinnen-Bewegung, die sich dagegen wehrte, …
… dass Gott immer nur männlich verstanden und dargestellt wurde. Damals wusste ich noch nichts vom Krishna-Bewusstsein, aber heute könnte man einige solcher erbosten Feministinnen vielleicht beruhigen, wenn man sie mit Radharani bekannt macht.
Srimati Radharani ist der weibliche Aspekt der Absoluten Wahrheit. Das Gesamtkonzept von Gott ist also nicht nur maskulin oder patriarchalisch, wie es oftmals in vielen Religionen verstanden wird, sondern hat auch eine feminine oder matriarchalische Dimension. Krishna ist der Ursprung aller Energien und Radharani ist die erste innere Freudenenergie, die vom Energieursprung ausgeht. Sie ist also die wichtigste Energie Gottes.
Energie, auch shakti genannt, ist immer weiblich. Auch wir in Deutschland sagen die Energie, da heißt wir benutzen einen weiblichen Artikel. Der Energieursprung ist dagegen männlich. Kann man nun sagen, das Männliche sei wichtiger als das Weibliche? Nein, keineswegs, denn das Männliche wird erst dann vollkommen, wenn es das Weibliche an seiner Seite hat (und umgekehrt natürlich auch). Der Energieursprung ist also erst zusammen mit seiner Energie vollkommen. Ähnlich wie die Sonne: Können wir uns eine Sonne ohne Sonnenstrahlen vorstellen? Die Strahlen sind zwar nicht die Sonne selbst, sondern die Energie der Sonne. Zur selben Zeit ist eine Sonne ohne Sonnenstrahlen keine wirkliche Sonne. Erst wenn wir Krishna zusammen mit Seiner Freudenenergie Radharani verstehen, haben wir ein vollkommenes Bild von der Absoluten Wahrheit.
Radharani ist Krishnas ewige spirituelle Freundin. Das bedeutet nicht, dass es sich hier um eine gewöhnliche, weltlich-sexuelle Beziehung handelt. Krishnas Körper ist ewig, voller Wissen und voller Glückseligkeit, ebenso verhält es sich mit dem Körper Srimati Radharanis. Ihre Beziehung ist erfüllt mit selbstloser Liebe für den Partner. Es gibt keinen Hauch eines Gedanken, den Partner für seine eigenen egoistischen Zwecke auszunutzen. Es handelt sich hier vielmehr um reine Liebe und Hingabe, auch prema-bhakti genannt. Wenn wir Krishna lieben wie Radharani, ohne selbstische Motivation, dann fühlt sich Krishna zu solcher Liebe hingezogen und wird auf uns aufmerksam. Diese Liebe und Hingabe können wir entwickeln, wenn wir uns am Beispiel Srimati Radharanis orientieren. Deshalb chanten wir zuerst den Namen Radharanis, Hara (wird im Vokativ zu „Hare“), und erst danach den Namen Krishnas.
Srila Prabhupada schreibt hierzu in seinem Nektar der Hingabe:
Srila Rupa Gosvami stellt fest, dass hingebungsvoller Dienst sogar auf Krishna anziehend wirkt. Krishna wirkt auf jeden anziehend, doch hingebungsvoller Dienst wirkt selbst auf Krishna anziehend. Das Symbol hingebungsvollen Dienstes in seiner höchsten Form ist Radharani. Krishna wird Madana-mohana genannt, was bedeutet, dass Er so anziehend wirkt, dass Er die Anziehungskraft Tausender von Liebesgöttern besiegen kann; doch Radharani ist noch bezaubernder, denn Sie kann sogar Krishna zu Sich hinziehen. Deshalb nennen Gottgeweihte Sie Madana-mohana-mohani – diejenige, die den Bezauberer des Liebesgottes bezaubert. Hingebungsvollen Dienst zu verrichten bedeutet, den Fußspuren Radharanis zu folgen, und Gottgeweihte in Vrindavana stellen sich unter die Obhut Radharanis, um Vollkommenheit in ihrem hingebungsvollen Dienst zu erreichen. Mit anderen Worten, hingebungsvoller Dienst ist keine Tätigkeit der materiellen Welt; er untersteht unmittelbar der Aufsicht Radharanis. In der Bhagavad-gita (9.13) wird bestätigt, daß die mahatmas oder großen Seelen unter dem Schutz der daivi prakriti, der inneren Energie – Radharani –, stehen. Da also hingebungsvoller Dienst unmittelbar der inneren Kraft Krishnas untersteht, wirkt er selbst auf Krishna anziehend.
– Aus Der Nektar der Hingabe von A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada, Seite 19
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