Ist Indien bald das neue Reich des Bösen?

Anti-Indien-Propaganda nimmt in deutschen Medien deutlich zu

| 31. Januar 2014 | 1 Kommentar

140131-widow

Vor ein paar Tagen erschien eine Bilderserie auf N-TV.de, eine der meistbesuchten Nachrichtenportale des deutschsprachigen Internets. Es geht um indische Witwen. Die Bilderserie, vor allem mit ihren Kommentaren, sind in unseren Augen schlichtweg Anti-Indien-Propaganda. Bei vielen Fotos ist unser Eindruck, dass es den alten Frauen gar nicht so schlecht geht und dass sie alle Möglichkeiten bekommen, sich besonders in spirituellen Tätigkeiten zu beschäftigen. Natürlich könnten die Verhältnisse besser sein, aber so, wie N-TV die Sache darstellt, besonders mit den polemischen Kommentaren, entspricht dies einfach nicht der Wahrheit.

Wenn wir, die Krishna-Geweihten, den Pilgerort Vrindavan besuchen, leben wir oft in ähnlichen Verhältnissen wie diese Witwen – schlicht und einfach. Doch wenn man sich die N-TV-Kommentare unter den Bildern durchliest, ist alles ganz furchtbar und schlimm. Dort standen zum Beispiel Kommentare wie „Die Witwen dürfen kein Fleisch essen“, – oh mein Gott, ist das grausam!

Aber statten wir doch mal den deutschen Altersheimen einen Besuch ab! Wir, die Gour-Ni-Times Redakteure, waren bei unserer langjährigen Öffentlichkeitsarbeit auch gelegentlich in solchen Heimen zu Gast. Dort werden unsere alten Leute in der Regel nur verwaltet, mehr schlecht wie recht, und mit teuren Medikamenten vollgestopft. Ein Heimbewohner bekommt mal gerne zwanzig Tabletten zum Frühstück, und zum Mittags- und Abendessen gibt es weitere bunte Pillen. Die Pharma- und Gesundheitsindustrie verdient hierzulande mächtig mit alten Menschen. Das Leben wird bis ins Absurde irgendwie in die Länge gezogen, damit noch ordentlich abkassiert werden kann. Mit einem menschenwürdigen Verscheiden hat das jedenfalls nicht mehr viel zu tun. Die letzten Monate eines deutschen Bürgerlebens verschlingen oftmals mehr Gesundheitsausgaben als insgesamt in 40 Jahren zuvor. Von Demenzkranken möchten wir gar nicht erst sprechen, die bekommt unsere Gesellschaft schon gar nicht mehr zu sehen. Wir haben in manchen Heimen darum gebeten, die Demenzkranken zu besuchen, wurden aber nicht in die entsprechende Etage hineingelassen. Die dortigen Zustände wollte man uns wohl nicht zeigen.

In der N-TV-Bilderserie spricht man bei den Witwen von „lebenden Toten“, als wären Phänomene wie Alter, Krankheit und Tod ein allein indisches Problem. Hier handelt es sich offensichtlich um eine äußerst primitive und einseitige Berichtserstattung, denn überall auf der Welt sind Geburt, Alter, Krankheit und Tod anzutreffen, auch in Deutschland, und sie haben nirgendwo auf der Welt ein schönes Gesicht. Nur verstehen es die Deutschen besser, die Alten, Kranken und Toten vor den Augen der Öffentlichkeit zu verstecken.

Während man sich bei der Bilderserie darüber empört, dass die alten Witwen in den Armenküchen kein Fleisch serviert bekommen, werden die alten Leute hierzulande morgens, mittags und abends mit Fleischgerichten regelrecht abgefüttert. Morgens Mettwurst aufs Brötchen, Mittags Kassler, Leberkäse oder Schnitzel und abends gekochter Schinken auf Schwarzbrot. Und da wundert man sich, dass es in Deutschland so viele Demenzkranke gibt. Erinnern wir uns doch noch einmal an den großen BSE-Skandal von 1998. Die Rinder in der Massentierhaltung wurden mit Tierfutter gefüttert, dass zum Großteil aus Überresten ihrer eigenen Brüder und Schwestern bestand, eine Art Inzest-Futter. Tausende Kühe wurden plötzlich verrückt, konnten nicht mehr richtig laufen und mussten auf Anordnung der Behörden getötet werden. Plötzlich brach auch unter den Menschen, die das Fleisch von solch gefütterten Tieren verzehrt hatten, eine bislang unbekannte Krankheit aus: Creutzfeldt-Jakob. Die Folge war, dass erkrankte Menschen völlig ihren Verstand verloren. Doch bereits nach wenigen Monaten war diese Krankheit angeblich verschwunden.

Heute spricht in Deutschland keiner mehr über BSE, auch nicht mehr über Creutzfeldt-Jakob. Stattdessen erfahren wir, wie in den letzten Jahren Demenzkrankheiten dramatisch angestiegen sind. Hier besteht natürlich keinerlei Zusammenhang zum absurd hohen Fleischkonsum der Deutschen, nein, niemals. So müssen auch die alten Bundesbürger bis zum bitteren Ende mit Tierkadavern gefüttert werden, auch wenn sie genau deswegen ihre Demenzkrankheiten bekommen haben. Stattdessen empört man sich lieber über indische Zustände, weil in Tempelküchen den Witwen kein Fleisch ausgeteilt wird. Dass in Indien ohnehin 80 Prozent der Bevölkerung aus Vegetariern besteht, muss ja nicht erwähnt werden.

Es ist schon fast zynisch, wenn N-TV in einem anderen Bericht empfiehlt, möglichst wenig Fleisch zu essen, um so gegen Alzheimer vorzubeugen – eine Demenzkrankheit.

Des Weiteren heißt es auf Tageschau.de:

Vier ganze Rinder, vier Schafe, zwölf Gänse, 37 Enten, 46 Schweine, 46 Puten und 945 Hühner – im Laufe seines Lebens verzehrt ein Deutscher laut „Fleischatlas 2013“ durchschnittlich 1097 Tiere.

Aber das scheint dem Deutschen nicht großartig zu stören. Stattdessen empört er sich lieber über Indien, dass dort alte Witwen kein Fleisch zu Essen bekommen. Wie unmenschlich!

Während indische Witwen ihre letzten Tage damit verbringen, gemeinsam über spirituelle Themen zu hören, darüber zu sprechen und heilige Lieder zur Verehrung Krishnas zu singen, vereinsamen Millionen von alten Menschen in Deutschland ganz allein vor ihrem Flachbildschirm. Wir hatten einmal eine alte Frau als Nachbarin, die von 7 Uhr morgens bis 23 Uhr Abends ihren Fernseher auf voller Lautstärke laufen hatte, weil die alte Dame nicht mehr so gut hören konnten. Jede noch so stumpfsinnige Sendung wurde sich angeschaut. Einmal pro Woche guckte eine Pflegerin für zehn Minuten nach dem Rechten. Die Familie schaute ganze zweimal im Jahr vorbei. Das war der gesamte soziale Austausch. Trotzdem ist N-TV der Meinung, dass gerade in Indien die alten Leute verstoßen und verdrängt werden. In Deutschland passiert so etwas natürlich nicht.

Auch bei „gemeinsamen Nachmittagen“ im deutschen Altersheim gibt es meist nur hirnlose Unterhaltungsprogramme. Eine 95jährige Frau erzählte uns vor kurzem, dass einmal in der Woche ein Sozialarbeiter in ihr Seniorenheim kommt, um mit den Bewohnern über Schlagzeilen aus der Bunten oder aus der Neuen Revue zu diskutieren. Oder es wird Bingo gespielt. Wenn jemand Glück hat und in einer kirchlichen Einrichtung untergebracht ist, kommt hin und wieder eine Diakonistin vorbei und ließt für eine halbe Stunde aus der Bibel.

In dem Bericht ist von 40 Millionen indischen Witwen die Rede. Das hört sich im ersten Moment unglaublich viel an, aber wenn man berücksichtigt, dass in Indien 1,4 Milliarden Einwohner leben, steht alles wieder völlig in Relation.

Seit Jahren wird Indien und der Hinduismus in den westlichen Medien gezielt angegriffen. Gründe gibt es mehrere. Indien ist zum Beispiel dabei, eine große Wirtschafts- und Militärmacht zu werden. Aber auch religiöse Gemeinschaften mit indischen Wurzeln kann man mit so einer Berichterstattung schnell in ein schiefes Licht rücken wie zum Beispiel die Bewegung für Krishna-Bewusstsein. Das haben wir bereits mehrere Male schmerzlich erfahren müssen.

Frauenfeindlichkeit, Vergewaltigung, Fetozid und Kastensystem stehen immer ganz oben auf der Liste.

Ohne Zweifel ist dies alles furchtbar, und die GNT-Redaktion distanziert sich entschieden von solch einem Unrecht. Aber wer garantiert uns, dass es sich tatsächlich immer um eine neutrale Berichterstattung handelt? Die N-TV-Bilderserie ist jedenfalls maßlos überzogen.

Der Verdacht eines einseitigen und polemischen Journalismus verdichtet sich, wenn man beobachtet, wie in den letzten Monaten ständig über Vergewaltigungen in Indien berichtet wird. Doch passieren in Deutschland keine Vergewaltigungen? Warum wird hierzulande nur so wenig darüber berichtet? Haben wir uns vielleicht schon zu sehr an unseren eigenen Vergewaltigungen gewöhnt und es wäre langweilig? Und wieder dürfen wir hierbei nicht vergessen, dass in Indien 16mal so viele Menschen wie in Deutschland leben! Die Vergewaltigungszahlen eins-zu-eins mit unserem Land zu vergleichen ist einfach absurd.

Oder nehmen wir Zwangsprostitution in Deutschland: Seit dem neuen Prostitutionsgesetz, welches im Jahr 2003 verabschiedet wurde, ist der sexuell ausgerichtete Menschenhandel hierzulande um ein Vielfaches angestiegen. Millionen Frauen sind in der gesamten EU betroffen. Darüber wird aber nicht viel berichtet. Auch nicht, dass in Deutschland seit 1971 ungefähr zehn Millionen Kinder im Mutterleib getötet wurden. Das ist ja alles ganz normal.

Aber in Indien ist alles immer ganz schlimm.

– Shivatma Dasa & Paramshreya Dasa (aka Phillip Trier Rabe)

 

Quellennachweise und weiterführende Links:

Tags: , , , , , , ,

Category: Menschen, Politik, Reiseberichte, Shiva & Param, Stellung der Frau

Kommentare (1)

Trackback URL | Comments RSS Feed

  1. Joe_Bln sagt:

    Haribol ♥ ,

    vielen Dank dafür das Ihr hier ein wenig Klarheit über die Medienkampagnen gegen Indien und seiner ehrwürdigen Kultur der letzten Monate schafft.Den natürlich stehen in den Zeitungen selten Informationen sondern meistens geht es um die Manipulation des öffentlichen Bewusstseins.Das Frauen vergewaltigt,unterdrückt und versklavt werden ist leider Gottes ein Übel das die ganze Welt im Griff hält.Warum der Fokus nun auf Indien gerichtet ist,obwohl auf fast den gesamten Südamerikanischen wie auch den Afrikanischen Kontinent mindestens ebenso abscheuliche Verbrechen jeden Tag geschehen und auch dort Polizei&Justiz wegsehen hat rein Geostrategische& Wirtschaftliche Hintergründe.Den besonders hervorgehoben als Hauptursache für die Missstände die es ja nun wahrlich in Indien gibt wird immer wieder das festhalten der Bevölkerung an ihrer alten Kultur genannt.Religion und Kultur werden als die Ursache der schlimmen Zustände gezeichnet.Diese alte Kultur Indiens ist seit den Zeiten der Besetzung durch die Briten den westlichen Mächten ein Dorn im Auge und massive Versuche diese alte Kultur zu tilgen sind bis Heute gescheitert.Den diese alte Kultur hat die völlige Assimilierung Indiens an den Westen verhindert.Dahinter stehen vor allem wirtschaftliche Interessen,da die Traditionen der Inder die Globalisierung der indischen Wirtschaft deutlich abbremsen und so der enormen Gier der mächtigen Internationalen Konzerne nach stetig wachsenden Profiten im Wege stehen.Zudem gilt es auch die wachsende politische Bedeutung Indiens in der Welt auszubremsen,da man Indien zunehmend als Konkurrent wahrnimmt.Nun könnte man noch viel mehr in die Details gehen,aber ich wollte hier nur bestätigen das es andere Hintergründe über die Berichte aus und über Indien gibt als von den Medien ausgewiesen werden.

    In dem Zusammenhang fiel mir natürlich auch der Bericht von gour-ni-times über „Krishna West“ ein (http://www.gour-ni-times.de/2013/09/26/was-ist-krishna-west/) der leider wenig reflektiert warum das Negative Bild über Indien in die Welt gesetzt wird.Besonders das fehlen von Kommentaren dazu kann ich mir nur schwer erklären.Ich habe das Krishna Bewusstsein nie als „indisch“ wahrgenommen.Ich hatte schon begonnen einen kritischen Kommentar dazu zu verfassen,doch schnell wurde mir die eigentliche Dimension dieses Artikels bewusst und ich fühle mich nicht in der nötigen Stellung dazu im Detail Erklärungen zu fordern und auch sehr kritische Gedanken dazu zu äußern.Ich hatte gehofft das sich Gottgeweihte an dieses Thema heranwagen die eine höhere Stellung im Krishnabewusstsein als ich haben und als Autoritäten wahrgenommen werden.Leider hat sich meine Hoffnung bis Heute nicht erfüllt.Nichts desto trotz bin ich mir sicher das dieser Artikel einige kontroverse Gedanken und auch nichtöffentliche Diskussionen ausgelöst hat.

    Mit vorzüglicher Hochachtung eines sehr gefallenen unbedeutenden Diener Krishnas aus Berlin.
    HARIBOL !

Schreibe einen Kommentar!

banner ad