Die Keuschheit des Mannes

Über Sublimierung der Zeugungskraft und Verantwortung in der Ehe

| 12. Juli 2000 | 0 Kommentare

Sri Ramachandra umarmt Seinen Geweihten Hanuman

Auf einer anderen Webseite präsentierten wir den Artikel „Keuschheit – die natürliche Schönheit einer Frau„. Hier wollen wir nun etwas über die Keuschheit der Männer schreiben.

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Die Kraft der männliche Samenflüssigkeit

In der heutigen Zeit wird es für den Mann immer schwieriger, nach spirituellen Prinzipien zu leben. Überall wird er angeregt und aufgefordert, genau das Gegenteil zu tun, wie zum Beispiel der Geschlechtslust freien Lauf zu lassen.

Der Ayurveda (eine Jahrtausend alte vedische Schrift über Gesundheit) beschreibt, dass es im menschlichen Körper eine Substanz gibt, die den gesamten Organismus mit Vitalität durchdringt. Diese Substanz wird ojas genannt. Ojas verleiht dem Körper Vitalität, Glanz und Ausstrahlung, und der Psyche gibt sie Entschlossenheit, Erinnerungsvermögen und spirituelle Intelligenz. Dieser Stoff ist beim männlichen Körper besonders in der Samenflüssigkeit enthalten. Durch einen dünnen Kanal kann diese feinstoffliche Substanz durch die Wirbelsäule nach oben in das Gehirn und in alle Körperzellen transportiert werden und so ihre unschätzbare Kraft entfalten. Die Voraussetzung ist jedoch, dass der Mann seinen Samen so wenig wie möglich in die andere Richtung ausströmen lässt. Je mehr der Mann an Samenflüssigkeit verliert, desto weniger durchdringt die ojas-Energie die Gehirn- und Körperzellen. Weiter beschreibt der Ayurveda , dass es 40 Tropfen Blut benötigt, um nur einen Tropfen Samen zu produzieren(!) Anhand dieser Rechnung kann man sich den immensen Energieabbau bei häufigem Samenverlust vorstellen. Im Srimad-Bhagavatam beschreibt Srila Prabhupada sehr schockierend, wie materialistische Menschen, die nur an Sexualität interessiert sind, wie Kamele ihr eigenes Blut trinken:

„Auch das Kamel saugt sein eigenes Blut, wenn es dornige Zweige kaut. Die Dornen zerstechen ihm die Zunge, so dass in seinem Maul Blut zu fließen beginnt, und wenn sich die Dornen mit dem frischen Blut vermischen, erzeugen sie einen besonderen Geschmack für das törichte Kamel. So bereitet ihm das Dornenfressen einen trügerischen Genuss.“

(SB. 2.3.19, Erläuterung)

Umwandlung statt Unterdrückung

Auf der anderen Seite beschreiben die Veden die sexuelle Energie als eine zweifellos sehr mächtige Kraft; schließlich sind unsere Körper aus sexueller Lust geboren worden. Es macht wenig Sinn, diese Energie ohne ein höheres Verständnis zu unterdrücken, da sie sich ansonsten ein anderes, meist fragwürdiges Ventil sucht.

Wenn der westlich moderne Mensch von sexueller Enthaltsamkeit oder Keuschheit hört, denkt er schnell an Unterdrückung. Doch die Vedischen Schriften informieren uns, dass sexuelle, körperliche Lust (kama) nichts anderes ist, als eine pervertierte Umwandlung reiner Liebe zu Gott (prema). Ursprünglich besaßen wir alle einmal diese reine Liebe zu Krishna, doch seit unvordenklich langer Zeit, das heißt seit vielen, vielen Leben haben wir diese Liebe immer stärker auf egozentrische sexuelle Vorstellungen gerichtet. Krishna-Bewusstsein (bhakti-yoga) ist der Vorgang, wie wir langsam aber sicher diese Lust (kama) wieder in ihre ursprüngliche Liebe zu Gott (prema) umwandeln können.

Wie kann eine solche Umwandlung stattfinden? Eine sehr effektive Variante des Krishna-Bewusstseins ist das Hören über spirituelle Themen (shravanam). Auf diese Weise wird das Herz von lustvollen Wünschen gereinigt und der Wunsch, Krishna zu dienen und zu lieben wird erweckt. In der vedischen Literatur finden wir viele große Beispiele von keuschen Männern, die sehr bewusst und erfolgreich mit der sexuellen Energie umgingen und sie umzuwandeln vermochten.

Rama hat nur eine Frau

In der vedischen Kultur hatten die Könige oft mehrere Ehefrauen, was auch als Polygamie bezeichnet wird. Der Grundsatz lautete: Wenn ein Mann mit mehreren Frauen genießen möchte, dann muss er sich jedoch auch verpflichten, für sie und die hervorgehenden Kinder zu sorgen.

Vor langer, langer Zeit erschien der Höchste Herr in der Inkarnation namens Rama auf der Erde. Er schlüpfte dabei in die Rolle eines Prinzen, genauer gesagt, der Thronfolger von Ayodhya, der damaligen Hauptstadt eines großen Weltreiches. Als reicher Prinz hätte Rama ohne weiteres mehrere Frauen heiraten und für die entstehenden Kinder und Kosten aufkommen können. Doch Er entschied sich, nur eine Frau zu heiraten und folgte sehr strikt diesem Gelübde. Er wollte damit der Welt ein Beispiel geben, dass das menschliche Leben nicht für vergänglichen Genuss, sondern in erster Linie für Selbsterkenntnis bestimmt ist. Im jetzigen Kali-Yuga, dem Zeitalter des Streites und der Heuchelei, wird dem Mann von den Vedischen Schriften ebenfalls empfohlen, nur eine Frau zu heiraten, da es heutzutage immer schwieriger wird, für die notwendigsten Dinge, die eine Familie braucht, aufzukommen. Viele Männer arbeiten heutzutage praktisch Tag und Nacht, nur, um eine kleine Familie zu versorgen.

 

Sri Sri Sita-Rama, Lakshman, Hanuman, Shatrughna und Bharata

Die Beziehung zwischen Lakshman und Sita

Durch eine Intrige wurde Rama und dessen junge Ehefrau Sita in ein 14-jähriges Exil in den Dschungel geschickt. Rama hatte auch einen jüngeren Bruder namens Lakshman, der den beiden aus Anteilnahme in ihr Exil folgte. Der Wunsch Lakshman war es, Rama in jeder Hinsicht zufrieden zu stellen. Während der Verbannungszeit hielt er Nachts Wache, sorgte für Nahrung und baute kleine Waldhütten. So waren Rama, Sita und Lakshman Tag für Tag eng zusammen. Die Gefahr bestand jedoch, dass es in dieser Situation zu einer übermäßig vertraulichen Beziehung zwischen Lakshman und dessen Schwägerin Sita kommen könnte. Treue in der Ehe und Dienst an Ältere wurden in der vedischen Kultur ganz groß geschrieben. Ein Mann soll die Ehefrau seines älteren Bruders wie eine verehrenswerte Mutter betrachten und sie als „Mataji“ ansprechen. Hätte sich zwischen Lakshman und Sita eine intime Beziehung entwickelt, wäre dies nicht nur eine große Störung, sondern auch ein riesiger Skandal geworden. Damit es gar nicht erst zu einer solchen unerwünschten Anziehung kommen konnte, nahm sich Lakshman vor, nicht die attraktive Gestalt oder das schöne Gesicht Sitas zu betrachten. Er wollte aber auch nicht unhöflich sein, und so richtete er seinen Blick lediglich auf die Füße seiner Schwägerin. (In der vedischen Kultur bringt man einer höher gestellten Person seinen Respekt dar, indem man zum Beispiel bei einer Begrüßung dessen Füße berührt. Auch der Tempelbesucher pflegt beim Betrachten der Altargestalt zuerst die Lotusfüße anzuschauen und dann erst die Knie, die Hüfte, die Brust und zum Schluss das Gesicht.) Auf diese Weise fühlte sich Sita nicht respektlos behandelt. So lebten die drei Gefährten 13 Jahre glücklich und zufrieden im Wald, bis Sita eines Tages von einem mächtigen und lüsternen Dämon namens Ravana entführt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte…

Die Verantwortung einer Ehe

Besonders diejenigen, die den Anspruch haben, Vaishnavas zu sein, sollten sich die Verantwortung einer Ehe genau vor Augen führen. Der Ehemann verspricht bei der Heirat, für die Frau und für die Kinder zu sorgen, und auch darauf zu achten, dass spirituelle Werte in der Familie kultiviert werden. Die Frau verspricht dem Ehemann, ihn bei diesen Vorhaben treu zu unterstützen. Für einen Gottgeweihten ist es nicht zulässig, eine Ehe frühzeitig abzubrechen, ganz und gar nicht, wenn Kinder mit im Spiel sind. Laut den Vedischen Schriften sollte dieser Verantwortung nachgekommen werden, bis die Kinder verheiratet sind. Danach können sich beide Eheleute langsam aus dem Familien- und Eheleben zurückziehen, um sich stärker im Krishna-Bewusstsein zu vertiefen (vanaprasthasannyasa). Doch in der heutigen Zeit ist es sogar in manchen Kreisen der Hare-Krishna-Bewegung modern geworden, die Ehepartner wie Kleiderstücke zu wechseln. Das Einhalten einer Ehe gehört zu den grundlegenden moralischen und religiösen Regeln des menschlichen Lebens. Diejenigen, die diese Regeln nicht ernstnehmen wollen, können nicht erwarten, als 100% ernsthafte Gottgeweihte anerkannt zu werden.

Hanuman, der keusche Diener Sri Ramas

In diesem Zusammenhang gibt es ein weiteres glorreiches Beispiel für männliche Keuschheit, nämlich Hanuman, der berühmte Affendiener Ramas. Nachdem Sita von dem mächtigen Dämon Ravana entführt und nach Sri Lanka verschleppt wurde, bekam Hanuman von Rama den Auftrag, Sita ausfindig zu machen und über ihren Aufenhaltsort Bericht zu erstatten. Hanuman hatte Sita jedoch noch nie gesehen; er wusste nur, dass sie das wunderschöne weibliche Gegenstück seines Herrn Ramas war.

Darauf setzte Hanuman mit einem gewaltigen Sprung von Indien nach Lanka über. Dort angekommen, verwandelte er sich in ein kleines unscheinbares Äffchen, um unerkannt nach Sita zu suchen. Er schlich in die prachtvolle Stadt der Dämonen hinein und schaute in jedem Haus nach, ob sich in diesem die Ehefrau Ramas aufhielt. Er sah viele junge und hübsche Frauen, doch keine kam der Beschreibung Sitas nach. Schließlich drang er in den Palast des Dämonenkönigs ein. Es war tiefe Nacht und alle Angehörigen des Hofes lagen in tiefem Schlaf. Es gab dort viele Gemächer, in denen sich unzählige Ehefrauen, Nebenfrauen, Gesellschaftsmädchen und andere weibliche Dienerinnen Ravanas zur Ruhe gelegt hatten. All diese Mädchen waren von großer Schönheit, und Hanuman begann jede einzelne unbemerkt zu untersuchen, ob es sich bei einer von ihnen um die schönste aller Frauen handle. Er stellte jedoch hier und da immer wieder geringe Makel fest, die ihn zu dem Schluss kommen ließen, dass es sich nicht um Sita handeln konnte. Auf diese Weise schlich er von Gemach zu Gemach und von Bettstatt zu Bettstatt, um die Schönheit der sich dort liegenden Frauen zu untersuchen. Plötzlich hielt er inne und fragte sich: „Was tue ich hier eigentlich?! Ich betrachte unbemerkt die spärlich bekleideten Körper junger Frauen, die schlafend auf ihren Betten liegen! Befinde ich mich nicht jenseits aller Anstandsregeln? Verstoße ich nicht gehörig gegen die Prinzipien des brahmacharya (Zölibat), die es einem sogar verbieten lüstern auf das andere Geschlecht zu schauen?“ So kam er für kurze Zeit in einen inneren Konflikt. Sollte er weiter nach Sita suchen? „Ja,“ entschied sich Hanuman. Er verstand, dass es wichtiger sei, den Auftrag der Höchsten Persönlichkeit Gottes zu erfüllen, als weltliche Anstandsregeln zu befolgen. Gleichzeitig wurde ihm mit Erstaunen bewusst, dass er nicht im Geringsten von den weiblichen Merkmalen in Erregung gebracht wurde. Dies konnte nur daran liegen, dass er sich völlig im Dienste des Höchsten Herrn beschäftigte und so von dessen inneren Energie beschützt wurde (siehe Bg .9.13). So fuhr Hanuman mit großer Entschlossenheit und Begeisterung fort, Sita zu suchen und fand sie schließlich in einem Palastgarten. Aber das ist auch wieder eine andere Geschichte…

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Diesen Artikel schrieben wir im Jahr 2000.

Auch interessant in diesem Zusammenhang unser Artikel Keuschheit – die natürliche Schönheit einer Frau

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Category: Diverses, Sexualität, Shiva & Param, Straight Talk, Vedische Klassiker

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