Karma

Zwischen Freiheit und Vorherbestimmung

| 23. Mai 2017 | 0 Kommentare

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Liebe Redaktion von Gour-Ni-Times,
ich bin durch einige Umstände in meinem Leben inzwischen überzeugt, dass diese mit „altem Karma“ zu tun haben. Meine Frage: Wie kann ich damit umgehen, dieses Karma zu „löschen“, zu „ändern“ bzw. in den Griff zu bekommen? Für eine Antwort oder einen Hinweis, wohin ich mich wenden könnte, wäre ich sehr dankbar.
Liebe Grüße aus Österreich
B.

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Lieber B.!

In den Vedischen Schriften, den Urtexten des Hinduismus, werden deine Fragen sehr gelobt. Die Fragen, die du in diesem Moment stellst, gehören zu den wichtigsten Fragen, die ein Mensch stellen kann und stellen sollte.

Zuerst einmal ist es gut, dass du erkannt hast, dass deine Lebensumstände aufgrund von altem Karma entstanden sind, Karma, welches du in der Vergangenheit selbst einmal verursacht hast. An diesem Punkt scheitern schon die meisten Menschen, da sie den Fehler meistens immer bei anderen suchen und weniger bei sich selbst. Mit dieser Haltung ist es ihnen jedoch nicht möglich, die wahre Ursache des Problems zu erkennen, geschweige denn zu lösen.

Es gibt verschiedene Entwicklungsphasen des Karma. Zuerst erschaffen wir Karma. Mit anderen Worten, wir setzen einen Samen in die Erde, können aber noch nichts erkennen. Wir mögen von der Wiese weggehen und den Samen vergessen, doch der Same wird aufgehen und zu einer Pflanze sprießen. Die fortgeschrittene Stufe ist, wenn der Same zu einem Baum herangewachsen ist und uns Früchte bringt. Entsprechend des Samentypen wächst nun ein Baum mit süßen oder mit bitteren Früchten. Der Pflanzer ist nun gezwungen, diese Früchte zu ernten. Mit anderen Worten: Wir begehen eine Handlung, doch die unmittelbare Reaktion folgt nicht immer sofort „auf dem Fuß“. Oft wird der Same unserer Handlung erst Jahre später, oder sogar Leben später zu einer reifen Frucht und wir werden mit ihrem süßen oder bitteren Geschmack konfrontiert.

Das Gesetz des Karma wird auch als „Gesetz von Aktion und Reaktion“ bezeichnet. Es ist ein strenges und präzise funktionierendes Naturgesetz, ähnlich wie das der Schwerkraft. Nur ist es nicht so klar zu erkennen, da es ein viel subtileres Gesetz ist. Nachdem eine Aktion ausgelöst wird, steht die entsprechende Reaktion schon fest. Daran läßt sich im Allgemeinen nichts mehr ändern. Um hierfür ein Beispiel zu geben: Wir können uns entscheiden, ob wir mit dem Flugzeug nach New Delhi oder nach New York fliegen wollen. Vor dem Buchen haben wir noch volle Freiheit. Wenn wir jedoch schon in der Maschine sitzen, und diese in die Luft abgehoben ist, können wir unsere Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. In neun Stunden werden wir in New Delhi landen. Dieses Ereignis ist vorherbestimmt.

Wie bekommen wir dieses Gesetz in den Griff? Eine Möglichkeit ist, dass wir das gegebene Karma akzeptieren und das beste daraus machen. Um bei dem Flugbeispiel zu bleiben: Es nützt nichts im Flugzeug zu jammern: „Warum bin ich nur nach New Delhi geflogen und nicht nach New York?“ Man sollte auch nicht aggressiv werden und den Pilot für die Flugrichtung verantwortlich machen. Besser man nutzt die Zeit positiv und überlegt sich, wie man sich in Zukunft so verhalten kann, dass es nicht wieder zu einer solch ungewollten Situation kommt.

Es gab Fälle in der Passagierfluggeschichte, da haben sich die Fluggäste derart schlecht benommen, dass sie von der Polizei am Landeflughafen abgeholt und inhaftiert wurden. Es gab aber auch Fälle, wo ein Fluggast auf dem Nachbarsitz seinen zukünftigen Ehepartner kennengelernt hat. Wir haben also auch auf einer Flugreise mit vorherbestimmten Landeziel eine Menge nicht zu unterschätzender Freiheit.

Es gibt also durchaus Möglichkeiten, Karma zu verändern oder gar zu löschen! Das Karma, welches wir bereits erhalten haben, kann im allgemeinen nicht verändert oder gelöscht werden. Zum Beispiel mögen wir mit schlechten Augen oder einer übergroßen Hakennase zur Welt kommen. Oder wir tun uns in Mathematik schwer. Oder uns wird sofort schwindelig, wenn es etwas höher wird. Dieses Karma ist nur sehr schwer zu verändern, wenn überhaupt! Doch allein, dass wir es akzeptieren und uns selbst als die Ursache des Problems erkennen, reicht, um negatives Karma wesentlich leichter ertragen zu können.

Etwas anders kann es sich mit Karma verhalten, welches aus zwischenmenschlichen Beziehungen entstanden ist. Angenommen wir haben mit jemandem einen Streit. Dieser Streit quält uns schon seit langem und bringt viel Ärger und Sorgen. Wenn wir aber demjenigen, dem wir Leid zugefügt haben, aufrichtig um Verzeihung bitten, kann uns dies von zukünftigen unangenehmen Karma befreien. Denken wir jedoch, „Ich soll mich bei diesem unausstehlichen Menschen entschuldigen? Niemals!“, werden wir weiter in der Karmamühle zermahlen. Jedes weitere böse Wort wird wiederum ein böses Wort auf der Gegenseite hervorrufen.

Das Karma, was bereits ausgelöst wurde, sich aber noch in einem schlummernden „Samenzustand“ befindet, kann verändert und sogar gelöscht werden! Wie das geht, möchten wir im Folgenden erklären:

Ähnlich, wie es Gesetze innerhalb eines Staates gibt, die das gesellschaftliche Leben der Bürger regeln sollen, so ist auch Karma ein Naturgesetz, welches einen bestimmten Sinn hat: Es soll das Verhalten der Lebewesen innerhalb des Kosmos regulieren. Denn allein das menschliche Gesetz ist unvollkommen. Es kommt hin und wieder vor, dass ein Unschuldiger bestraft wird und hinter Gittern wandert. Doch dem Gesetz des Karma kann niemand entgehen. Es sei denn, man wendet sich an den Gesetzgeber! Auch in der menschlichen Gesellschaft kommt es manchmal vor, dass ein Verbrecher vom Staatsoberhaupt begnadigt wird. Das Staatsoberhaupt kann über alle Richter und Instanzen hinweg einen Häftling begnadigen und zurück in die Freiheit bringen. Einen wichtigen Beitrag leistet der Inhaftierte natürlich selbst, wenn er im Gefängnis zum Beispiel ein anständiges Verhalten an den Tag legt, um seinen guten Willen zu zeigen.

Genauso kann auch Krishna, die höchste Persönlichkeit Gottes und der höchste Gesetzgeber aller Naturgesetze, alle kosmischen Regelungen außer Kraft treten lassen und nach Seinem Wunsch ein bestimmtes Lebewesen von karmischen Bindungen befreien. Dies passiert, wenn das Lebewesen sich mit aufrichtiger Liebe und Hingabe an Ihn wendet und bei Ihm Zuflucht sucht.

Vielleicht konnte dir diese Antwort ein wenig helfen. Wenn du jedoch wirklich mehr über dieses Thema „wie man das Karma in den Griff bekommt“, wissen möchtest, können wir dir sehr das Buch Bhagavad-gita wie sie ist von Sri Srimad A.C. Bhaktivedanta Swami Prabhupada empfehlen. Die Bhagavad-gita ist der wichtigste und berühmteste Klassiker über Karma und Reinkarnation. Wir könnten es dir bei Interesse zuschicken.

Alles Gute wünschen dir

Shivatma Dasa und Paramshreya Dasa

(Geschrieben im Jahre 2000 in Garbsen bei Hannover)

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Category: Bücher, Fragen & Antworten, Shiva & Param

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