Sri Caitanya unterweist seine Anhänger

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Vaishnava-Theologie:

Fehlkonzepte der Wiedereinweihung in ISKCON

VON SHIVATMA DASA & PARAMSHREYA DASA / GOUR-NI-TIMES
5. April 2008

In den letzten Jahren wurden wir immer wieder nach unsere Meinung zum Thema "Wiedereinweihung" gefragt. Dieses Essay ist gleichzeitig ein kleiner "Vorgeschmack" auf unser Buch, das wir noch in diesem Jahr veröffentlichen wollen. Das volle Verständnis dieses Texts setzt jedoch fortgeschrittene Kenntnisse in der Vaishnava-Theologie voraus.

Schüler gefallener Gurus stehen vor einer schwierigen Frage

Manchmal herrscht in unserer ISKCON-Gesellschaft die Auffassung, dass es sich bei den Schülern, von denen der diksa-guru (der einweihende spirituelle Meister) heruntergefallen ist, nur um ein paar wenige handelt - eine Handvoll von ein paar Unglückseligen, der man nicht allzu große Beachtung schenken muss. Doch wer sich die letzten 30 Jahre ISKCON-Vergangenheit genauer anschaut, stellt fest, dass es sich weltweit um Tausende handelt, vielleicht sogar um Zehntausende. Allein Harikesa Dasa hatte bis 1998 über 3000 Schüler eingeweiht. Warum viele der Meinung sind, es würde sich bloß um ein paar wenige Ausnahmen handeln, liegt daran, dass einfach nur noch sehr wenige solcher Devotees unter uns weilen.

Doch auch in jüngster Zeit kam es vor, dass ISKCON-Guru s strauchelten und deren Schüler mit der Frage einer Wiedereinweihung konfrontiert wurden. Wir wollen uns in diesem Text dem Schicksal und der Zukunft all dieser betroffenen Gottgeweihten widmen, die vor der Entscheidung einer Wiedereinweihung stehen. Dabei wollen wir insbesondere die Zulässigkeit einer Re-Initiation prüfen sowie Vor- und Nachteile abwägen.

Manche Stimmen in unserer Bewegung sagen, es sei absolut notwendig eine Wiedereinweihung zu empfangen, wenn der diksa-guru   heruntergefallen ist und andere meinen man könne sich nach eigenem Ermessen wiedereinweihen lassen, wenn man das Gefühl hat, es wäre besser für das eigene spirituelle Leben. Wiederum andere sagen, man dürfe sich in keinem Fall re-initiieren lassen. Im folgenden Essay wollen wir diesen Fragen tiefer auf den Grund gehen.

Sich mehrere Male einweihen zu lassen, würde streng genommen bedeuten, dass man mehr als einen diksa-guru annimmt. Srila Prabhupada weist in einer Erläuterung zum Sri Caitanya-caritamrita (Adi-lila 1.35) ausdrücklich darauf hin, dass es nur einen diksa-guru im Leben eines Gottgeweihten geben darf, wohingegen es erlaubt ist, mehrere siksa-gurus (unterweisende spirituelle Meister) anzunehmen.

"Ein Gottgeweihter darf nur einen einweihenden spirituellen Meister haben, denn es ist in den Schriften verboten, mehr als einen anzunehmen. Für die Anzahl der anweisenden spirituellen Meister, die man annehmen mag, gibt es keine Beschränkungen."

Die Praxis in ISKCON hat jedoch gezeigt, dass es immer und immer wieder zu Wiedereinweihungen kommt. Im Anbetracht des obigen Zitats entsteht nun die Frage, ob hier alles mit rechten Dingen zugeht. Viele Führer ISKCONs befürworten in vielen Umständen eine Wiedereinweihung. Doch erlauben die genannten Umstände wirklich eine Re-Initiation? Diese Fragen wurden in unserer Bewegung immer noch nicht eindeutig beantwortet.

Srila Bhaktivinoda Thakura

Woran erkennt man einen unautorisierten avaisnava-guru ?

Vor gut 150 Jahren hat sich bereits Bhaktivinoda Thakura, einer unserer großen acaryas, mit diesem Thema beschäftigt und dabei einen Vers aus dem Narada Pancaratna zitiert. Dieser, im ersten Moment fundamentalistisch klingende sloka gibt uns genaue Richtlinien, wann eine ungültige Einweihung stattgefunden hat.

avaisnavopadistena
mantrena nirayam vrajet
punas ca vidhina samyag
grahayed vaisnavad guroh

"Jemand, der von einem Nicht-Vaisnava in einen mantra eingeweiht wird, fährt zur Hölle. Deshalb sollte er noch einmal gemäß dem vorgeschriebenen Vorgang von einem vaisnava-guru eingeweiht werden." (Narada Pancaratra)

Mit Hilfe dieses Verses können avaisnava-gurus leicht identifiziert werden, die zur Zeit der Einweihung nicht autorisiert sind. Zu ihnen gehören die typischen Familienpriester, Kastenbrahmanen, mayavadis , sahajiyas , Schwindler-Gurus und Scharlatane. Sollte man von solchen Gurus eine Einweihung und einen mantra erhalten, ist es klar, dass diese weder Gültigkeit noch Wirkung besitzen (selbst, wenn es sich um den mahamantra handelt) und man konsequenter Weise "noch einmal" von einem autorisierten vaisnava-guru eingeweiht werden sollte.

Bedeutet Zurückweisung eines gefallenen Gurus automatisch Wiedereinweihung?

Vor ein paar Tagen stießen wir auf einen Artikel namens: "Nochmal richtig eingeweiht werden" (im Original "Again Be Initiated Properly") von H.H. Danavir Goswami 1 . In diesem Schriftstück werden zwei Beispiele geliefert, mit denen Danavir Goswami belegen möchte, dass in jeder Hinsicht eine Wiedereinweihung die Konsequenz ist. Im ersten Bespiel waren die Gurus zu Zeit der Einweihung avaisnavas und können somit von Anfang an keine autorisierte Einweihung gewähren. Im zweiten Beispiel waren die Gurus zur Zeit der Einweihung Vaisnavas, wurden jedoch später von maya verunreinigt und kamen zu Fall. Auch in diesem Fall ist Danavir Goswami der Meinung, die Einweihung sei ungültig und müsse wiederholt werden. Im ersten Beispiel geben wir ihm völlig Recht, doch im zweiten Fall haben wir starke Einwände.

In seinem Artikel heißt es:

"Laut Bhaktivinoda Thakuras besteht der Unterschied zwischen unqualifizierten Gurus der ersten und zweiten Kategorie darin, dass diejenigen, die sich in der ersten Kategorie als Gurus ausgaben, von Anfang an   nicht qualifiziert waren, Schüler einzuweihen und zu unterweisen." (Danavir Goswami - Again Be Initiated Properly)

Dann spricht Danavir Goswami ein brisantes Thema an:

"Auf der anderen Seite waren diejenigen, die sich im zweiten Beispiel als Gurus ausgaben, während einer Zeitphase tatsächlich qualifiziert, wurden dann aber später von maya verunreinigt. Dieser zweite Fall trifft besonders auf die Gottgeweihten der ISKCON zu. In ISKCON waren die Gurus, die herunterfielen, zuvor im hingebungsvollen Dienst beschäftigt. Den Schülern solch gefallener Gurus wird ebenfalls vorgeschrieben, eine Wiedereinweihung zu empfangen."

Weiter heißt es:

"Bhaktivinoda Thakura macht in beiden Fällen die Feststellung, dass es auf das selbe hinausläuft, unerheblich, ob der Guru von vornherein unqualifiziert gewesen ist, oder ob er zur Zeit der Einweihung befähigt war, sich später jedoch disqualifizierte - der Guru ist gegenwärtig unqualifiziert und muss zurückgewiesen werden." (Danavir Goswami - Again Be Initiated Properly)

In   beiden Beispielen muss der Guru zurückgewiesen werden - soweit sind wir einverstanden - doch es ist nicht ersichtlich, ob Bhaktivinoda Thakura in jedem Fall eine Wiedereinweihung als Konsequenz anordnet, denn Zurückweisen bedeutet nicht, dass automatisch eine Wiedereinweihung vorgenommen werden muss. Dies trifft nur auf das erste Beispiel zu, in welchem es niemals zu einer echten Einweihung, d.h. zu einer ordnungsgemäßen Übertragung des mantras gekommen ist. Doch im zweiten Beispiel (wie bei vielen ISKCON-Einweihungen) kam es zu solch einer autorisierten Übertragung des mantras durch Personen, die zu der Zeit der Zeremonie ordnungsgemäß dem Pfad reiner Bhakti folgten. Zuerst muss der gefallene Guru zurückgewiesen werden, und dann soll man bei einem neuen Meister Zuflucht suchen. Begriffe wie "Zufluchtsuchen,""verehren,""zuwenden" und "hingeben" bedeuten aber nicht, dass auch eine Wiedereinweihung stattfinden muss. Wir können solche Begriffe nicht als Synonyme für Wiedereinweihung betrachten. Eine solch synonymgleiche Präsentation wird weder von Bhaktivinoda Thakura, noch von Bhaktisiddhanta Sarasvati, noch von Narahari Sarkara verwendet, womit für uns der Eindruck entsteht, dass es sich hier eher um die Interpretation von Danavir Goswami handelt. Für uns wird dies noch deutlicher an seiner folgenden Aussage:

"Und weil der qualifizierte Guru notwendig ist, um einen Schüler anzuleiten, muss der Schüler einen qualifizierten spirituellen Meister aufsuchen und durch Wiedereinweihung bei ihm und seinen Unterweisungen vollständig Zuflucht suchen." (Danavir Goswami - Again Be Initiated Properly)

Der hier verwendete Ausdruck "durch Wiedereinweihung" steht auf dünnem Eis und wir verstehen nicht, wieso dieser hinzugefügt wurde. Selbstverständlich ist ein qualifizierter Guru notwendig, um einen Schüler anzuleiten, und der Schüler eines gefallenen Gurus sollte bei einem anderen qualifizierten Meister und seinen Unterweisungen Zuflucht suchen. Aber warum kann dies laut Danavir Goswami   nur durch eine Wiedereinweihung geschehen? In seinem Artikel werden zahlreiche Zitate und Verse der vorangegangenen acaryas und sastras angeführt. Doch seine Schlussfolgerung hat in ihnen keinen wirklichen Rückhalt, noch ist sie in den Lehren Srila Prabhupadas zu finden.

Dürfen wir avaisnava-gurus und gefallene vaisnava-gurus zusammen in einen Topf werfen?

Am stärksten spricht folgendes Zitat Bhaktivinoda Thakuras für die Interpretation von Danavir Goswami:

"Der zweite Umstand, in welchem man seinen Guru zurückweisen darf, ist, wenn der Guru zur Zeit seiner Einweihung ein, mit der Absoluten Wahrheit vertrauter Vaisnava gewesen ist, später jedoch aufgrund schlechten Umgangs zu einem mayavadi oder zu einem Frevler der Vaisnavas wurde. Solch ein Guru sollte zurückgewiesen werden." (Jaiva Dharma; Kapitel 20, S. 213)

Auch hier macht Bhaktivinoda Thakura kein Gebrauch vom Begriff Wiedereinweihung . Doch nehmen wir einmal an, er täte es: Sollten wir dann nicht stark unterscheiden zwischen einem gefallenen Guru, der dämonische Eigenschaften angenommen hat, d.h. der zu einem mayavadi oder "einem Frevler der Geweihten Visnus" wurde und einem solchen Guru, der einfach aufgrund von spirituellen Schwierigkeiten zu Fall gekommen ist? Wir behaupten mit Überzeugung, dass die meisten der gefallenen ISKCON-Gurus zur zweiten Gruppe gehören, d.h. dass sie einfach aufgrund von Schwäche der maya -Energie zum Opfer fielen. Wir sollten diese beiden Kategorien nicht zusammen in einen Topf werfen und voreilig den Entschluss für eine Wiedereinweihung fassen. Diese beiden Gruppen zu vermischen bedeutet, eine wichtige Ermahnung Krsnas zu missachten, die Er in der Bhagavad-gita (9.30-31) ausspricht:

api cet su-duracaro
bhajate mam ananya bhak
sadhur eva sa mantavyah
samyag vyvasito hi sah

ksipram bhavati dharmatma
sasvac-chantim nigacchati
kaunteya pratijanihi
na me bhaktah pranasyati

"Selbst wenn jemand die abscheulichsten Handlungen begeht, muss er, wenn er sich im hingebungsvollen Dienst beschäftigt, als Heiliger angesehen werden, da er mit Entschlossenheit das richtige Ziel anstrebt. Sehr bald wird er rechtschaffen und erlangt beständigen Frieden. O Sohn Kuntis, verkünde kühn, dass Mein Geweihter niemals vergeht." (Bg. 9.30-31)

Selbstverständlich sollten wir bei einem gefallenen Guru   unbedingt auf Distanz gehen und ihn als Lehrmeister zurückweisen, aber wir sollten nicht zu der unreifen Schlussfolgerung kommen, wir müssten Wiedereinweihung empfangen, da unser Guru nun ein avaisnava geworden ist. Die Logik hieße also: Wenn wir eine Wiedereinweihung empfangen, bedeutet dies, wir verurteilen gleichzeitig den zu Fall gekommenen Guru als "mayavadi" und als "Frevler der Vaisnavas". Doch es gibt zahlreiche Fälle in ISKCON, in denen der Guru einfach aufgrund materieller Turbulenzen zu Fall gekommen ist - was in unserer "Kriegserklärung gegen maya" durchaus vorkommen kann. Sollten wir nicht vorsichtig sein, Gottgeweihte direkt oder indirekt auf die oben beschriebene Weise zu brandmarken? Auf diese Weise laufen wir Gefahr, ein vaisnava-Vergehen zu begehen. Auch wird es für den betroffenen Gottgeweihten umso schwieriger, seine Turbulenzen zu überwinden und zum Pfad reiner Hingabe zurückzukehren. Diese Warnung wird im folgenden Abschnitt des Transzendental Diary von Hari Sauri Dasa (Volume 2 / 1976) erkennbar:

"Pusta-Krsna Maharaja verbrachte am Abend eine lange Zeit am Telefon. Er informierte alle Tempel in Madhudvisas Zone an der [amerikanischen] Ostküste darüber, dass dieser heruntergefallen und nun kein GBC mehr war. Als er jedoch Srila Prabhupada von seiner Maßnahme berichtete, wurde Srila Prabhupada ärgerlich. Prabhupada wurde bereits in Australien auf den anfänglichen Verdacht aufmerksam, doch sein Plan war es, über diese Affäre solange Stillschweigen zu bewahren, bis er selbst nach New York kommen würde. Dort wollte er dann persönlich mit Madhudvisa über die Angelegenheit sprechen und versuchen, alle Ungereimtheiten zu klären, ohne dabei einen Skandal zu verursachen. Er wollte ihn auf diese Weise verschonen und war deshalb aufgebracht, dass die Neuigkeiten über Madhudvisas Zufallkommen bereits verbreitet wurden. Er rügte Pusta Krsna: 'Nun hast du es ihm unmöglich gemacht, zurückzukehren.' "

Interessanterweise fiel Pusta-Krsna Swami ein paar Wochen später ebenso von seinem sannyasa -Stand herunter. Srila Prabhupada begründete sein Zufallkommen damit, dass er die Reaktion für sein denunzierendes Bekantgeben empfing. All dies wird ebenfalls im Transzendental Diary dokumentiert.

Einweihung und institutioneller Besitzanspruch

Nach unserer Ansicht gibt es eine übertriebene, bisweilen sogar kultische Betonung auf die Rolle des diksa-guru in unserer ISKCON-Gesellschaft, obwohl der GBC bereits vor fast zehn Jahren die Wichtigkeit des siksa-gurus in seinen Statuten eingetragen hat, und obwohl bereits im Jahre 1999 wissenschaftliche Bücher wie "Der Siksa-Guru" veröffentlicht wurden. Unglücklicher Weise bleiben im "ISKCON-Alltag" solche Bekenntnisse meistens leblose Theorie. Im richtigen Leben ist kaum etwas davon zu erkennen, dass führende ISKCON-Prediger über die Bedeutung und Möglichkeiten einer siksa -Beziehung sprechen.

Wir haben uns bereits öfters gefragt, warum derart großer Nachdruck auf Wiedereinweihung gelegt wird. In manchen Fällen machen sich die Führer wie Danavir Goswami wahrscheinlich Sorgen um die betroffenen Schüler. Sie fürchten, dass solche Schüler ohne Halt in der Luft schweben und auf diese Weise leicht maya oder "törichten Theorien" zum Opfer fallen, wie aus folgender Aussage deutlich wird.

"Wenn man sich darüber hinaus für einen mentalen Schwebezustand oder eine neutrale Haltung entscheidet, in der man sich weder für noch gegen das Zufluchtsuchen bei einem echten spirituellen Meister entscheidet, ist man der Gefahr ausgesetzt, vielen törichten Theorien wie der Ritvik-Philosophie zum Opfer zu fallen." (Danavir Goswami - Again Be Initiated Properly)

(Im Gesamtlicht seines Artikels bedeutet Danavir Goswamis Verwendung des Wortes "Zufluchtsuchen" auch hier "Wiedereinweihung.")

Doch manchmal kam es in ISKCON auch vor, dass mit Einweihung eine Art Besitzanspruch geltend gemacht wurde. Wenn wir jemanden einweihen, kann in uns ein Gefühl des Besitzens entstehen: "Ich habe ihn eingeweiht. Er ist mein Schüler." Das mag sogar in Ordnung sein, solange wir dieses Gefühl auf spirituelle Weise empfinden, beispielsweise wie ein Vater, der sich für seinen Sohn verantwortlich fühlt. Doch wenn wir das Prinzip der Einweihung und das damit verbundene Gefühl des Besitzens vornehmlich als ein materielles Mittel benutzen, um Schüler, ja sogar eine gesamte Institution zu kontrollieren, dann ist dies eher fragwürdig. Einweihung ist ein spiritueller Vorgang, mit der eine Verbindung zum Höchsten Herrn durch spirituelle Klangschwingung hergestellt werden soll. "Einweihung bedeutet der Beginn, transzendentales Wissen zu Empfangen" (SP Vorlesung, 04.04.1976, Vrindavana). Einweihung ist nicht dafür da, um Menschen zu binden und zu beherrschen. Wir sollten also nicht die Wiedereinweihung propagieren, nur damit ISKCON im administrativen Sinne die Besitzerin ihrer Mitglieder bleibt. Mit einer solchen Auffassung mag man denken: "solange immer ein diksa-guru existiert, kann die Institution besser beaufsichtigt und verwaltet werden. Bei siksa-gurus hingegen könnten die Verhältnisse unklar werden."

Die Wichtigkeit der Siksa-Beziehung

Oft haben wir beobachtet, wie sich Schüler gefallener Gurus selbst unter Druck gesetzt haben: "Ich sollte mich sofort wiedereinweihen, andernfalls bin ich nicht mit der parampara verbunden, und wer weiß, was meine Bestimmung sein wird..." Eine solche Angst sollte nicht als Mittel benutzt werden, nur um Mitglieder an eine Institution zu binden. Vielmehr sollten die Mitglieder deshalb in ISKCON bleiben, weil sie echte Beziehungen untereinander entwickelt haben! Besonders die siksa -Beziehung spielt hierbei eine wichtige Rolle, denn unsere sampradaya ist in erster Linie eine siksa-sampradaya . Warum starten wir nicht endlich den ernsthaften Versuch, die tiefe Bedeutung und die Möglichkeiten der siksa-Beziehung zu ergründen? Dann wird das Thema "siksa-guru" kein verschwommenes Mysterium bleiben, sondern alles wird klar. Diese Meinung vertritt auch Sivarama Swami in seinem Buch "Der Siksa-Guru":

"Was das Thema des Guru betrifft, richtet sich der Augenmerk unserer Gesellschaft hauptsächlich auf den diksa-Guru . "Guru" ist immer mit diksa-Guru übersetzt worden und kaum etwas anderes wurde darunter verstanden. Wer aber sind jene großen Seelen, die uns mit dem Krsna-Bewusstsein bekannt gemacht haben? Welche Beziehung haben wir mit jenen Vaisnavas, die uns im hingebungsvollen Leben unterweisen? Welche Verpflichtung haben wir gegenüber unseren Eltern, Lehrern, sannyasis und Höhergestellten, die uns zurück zu Gott führen? Müssen wir nicht auch sie miteinbeziehen?

ISKCON hat sich nicht besonders zu diesen Themen geäußert. Wenig Anerkennung haben die Gurus bekommen, die siksa geben, also die grundlegenden Anweisungen, durch die wir nun auf der Schwelle zur reinen Hingabe stehen. Es wird kaum Wertschätzung für diese Seelen gezeigt, die Tag ein, Tag aus hart arbeiten, um uns zu erheben. Als Folge ist den ISKCON-Mitgliedern die Bedeutung des Sprichwortes "Ehre, wem Ehre gebührt" unbekannt, und ihre Nachlässigkeit ruft Unzufriedenheit bei achtbaren Höhergestellten hervor. Man sollte denjenigen Ehre entgegen bringen, die für unsere Schulung Verantwortung übernehmen. Wenn wir dies vernachlässigen, laufen wir Gefahr, uns des guror avajna -Vergehens schuldig zu machen, d.h. die Missachtung unseres spirituellen Meisters.

Die derzeitige Sichtweise, das Prinzip des Guru einzig und allein mit einer rituellen Einweihung zu identifizieren, ist eine falsche Auffassung. Vaisnava-sastras unterstreichen die Wichtigkeit von siksa. Sie verherrlichen alle Vaisnavas, die eine bedingte Seele zurück zu Gott führen, als Gurus , unerheblich ob sie Lehrmeister oder einweihende Meister sind. Die Schriften erziehen die Gottgeweihte darin, ihre Gurus zu erkennen und zu respektieren und treten auf diese Weise für eine Kultur von Ehre und Respekt ein. ISKCON muss weiter über diese Prinzipien nachdenken [...]" (Sivarama Swami; aus der Einleitung von "Der Siksa-Guru")

Der immer noch in ISKCON herrschende Brauch, eine Wiedereinweihung zu betonen, führte in vielen Fällen nicht nur zu vaisnava-aparadhas , sondern auch zu sektiererischem Verhalten. Dies haben wir in den letzten 20 Jahren immer wieder erlebt. Viele Wiedereinweihungen, die in ISKCON stattfanden und heute stattfinden, sind nach unserer Überzeugung nicht der richtige Vorgang, um eine neue Guru-Schüler-Verbindung herzustellen. Es gibt hauptsächlich drei Gründe, warum sich ein betroffener Schüler eine neue, offizielle Guru-Beziehung wünscht:

•  Weil er die spirituelle Bedeutung und Notwendigkeit einer solchen Beziehung verstanden hat.

•  Weil er sicher gehen möchte, dass sich der Guru für ihn verantwortlich fühlt.

•  Weil er unter sozialem Druck steht, d.h. er möchte weiterhin als autorisierter ISKCON-Devotee angesehen werden.

Weil die Wiedereinweihung seit gut dreißig Jahren als Standardprozedur in ISKCON propagiert und angewandt wird, ist dies in fielen Fällen der Grund, warum sich viele betroffene Schüler früher oder später für die Wiedereinweihung entscheiden. Sie wollen Gewissheit darüber haben, dass ihre neue Beziehung zu einem spirituellen Meister etabliert und zementiert ist.

Eine feste Beziehung entsteht durch Dienst

Manchmal gibt es Stimmen, die sagen: "Nur ein diksa-guru verpflichtet sich, vollständig für einen Schüler Verantwortung zu übernehmen - ein siksa-guru jedoch nicht" Dies ist eine typische ISKCON-Auffassung, die keine wirkliche Grundlage hat. Sri Krsna sagt in der Gita : "Ye yatha mam prapadyante tams tathaiva bhajamy aham - Ich erwidere jeden entsprechend seiner Hingabe." Da wir Krsnas Teile mit denselben Eigenschaften sind, ?funktionieren" auch wir nach diesem Prinzip. Wenn ein Schüler auf einen siksa-guru zugeht, mit der Einstellung, dieser würde sich ja sowieso nicht richtig um ihn kümmern, dann kann man nicht erwarten, dass eine tiefe Beziehung entsteht. Der Lehrmeister wird merken, dass der Schüler kein Vertrauen entgegenbringt und ihn dementsprechend behandeln. Wenn wir uns jedoch mit aller Ernsthaftigkeit und Demut einem siksa-guru zuwenden, ihm Fragen stellen und ihm dienen, wird er sich für uns verantwortlich fühlen. Dieses Prinzip wird in der Bhagavad-gita 4.34 erklärt:

tat viddhi pranipatena
pariprasnena sevaya
upadeksyanti te jnanam
jnaninas tattva darsinah

"Versuche die Wahrheit zu erfahren, indem du dich an einen spirituellen Meister wendest. Stelle ihm in ergebener Haltung Fragen und diene ihm. Die selbstverwirklichten Seelen können dir Wissen offenbaren, weil sie die Wahrheit gesehen haben." (Bg. 4.34)

Nirgendwo wird gesagt, dass dieses Prinzip nur in Verbindung mit einem diksa-guru funktioniert. Doch in ISKCON besteht dieses Konzept - oder, wie es Sivarama Swami so klar ausdrückt: "Die derzeitige Sichtweise, das Prinzip des Guru einzig und allein mit einer rituellen Einweihung zu identifizieren, ist eine falsche Auffassung."

Wie am Anfang bereits zitiert, macht Srila Prabhupada in der Erläuterung zum Sri Caitanya-caritamrita (Adi-lila 1.35) ausdrücklich darauf aufmerksam, dass es nur einen diksa-guru im Leben eines Gottgeweihten geben darf, wohingegen es erlaubt ist, mehrere siksa-gurus anzunehmen. Die Vaisnava-Geschichte hat gezeigt, dass sogar bedeutende acaryas wie Bhaktivinoda Thakura und andere keinen diksa-guru , sondern einen siksa-guru als hervorstechenden spirituellen Meister besaßen. Obwohl ihre diksa-gurus vom Pfad der reinen Bhakti abwichen, gab es für sie keinen Grund für eine Wiedereinweihung, was völlig im Einklang mit der oben angeführten Aussage steht. In vielen Situationen gaben uns die vorangegangenen acaryas durch ihr eigenes Beispiel Richtlinien, an denen wir uns orientieren können. Das ist die Bedeutung von sato-vrteh , dem Folgen in den Fußspuren der vorangegangenen acaryas . Natürlich muss der Schüler unbedingt die Etikette zwischen dem diksa-guru und dem siksa-guru einhalten. (Diese Regeln werden sehr wissenschaftlich in Srila Prabhupadas Lehren beschrieben und in Sivarama Swamis Buch ?Der Siksa-Guru" zusammengefasst.)

Gewisse Versprechen sagt man nur einmal

Danavir Goswami plädiert dafür, dass es in jedem Fall immer wieder zu einer Einweihungszeremonie kommen muss, ansonsten könne der Schüler nicht bei einem neuen Meister vollständig Zuflucht suchen und Unterweisungen entgegen nehmen. Doch wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass sich viele Gottgeweihte einer solchen Zeremonie unter der Bezeugung der Altargestalt Krsnas und der vaisnavsa bereits unterzogen haben. Sie haben die lebenslangen Gelübde - die Vier regulierenden Prinzipien einzuhalten und 16 Runden zu chanten - bereits in aller Ernsthaftigkeit ausgesprochen. Unter ihnen gibt es eine große Anzahl von Devotees, die bereits seit zehn, zwanzig oder sogar dreißig Jahren ernsthaft an diesen Gelübden festhalten und hart an ihrem Krsna-Bewusstsein arbeiten. Kommt es nicht einer Entwürdigung gleich, von ihnen zu erwarten, sie hätten sich wiedereinweihen zu lassen, sonst wären sie keine ernsthaften, autorisierten Gottgeweihten?

Es ist eine psychologische Tatsache, dass gewisse Gelübde nur einmal im Leben ausgesprochen werden, da ansonsten das Gewicht dieser Versprechen verloren gehen kann. Zu solchen Gelübden zählt beispielsweise auch die Heirat. Menschen, die bereits mehrere Male geheiratet haben, werden in ihrer Wahrhaftigkeit weniger ernstgenommen, als Menschen, die bereits seit 50 Jahren eine treue Ehe führen. Es ist erwiesen, dass viele Bürger, die zur Wahl gehen, solche Gesichtspunkte in Betracht ziehen, wenn sie sich für einen politischen Kandidaten entscheiden. Chanakya Pandit bestätigt dieses Prinzip in seiner Niti-sastra (4.11):

"Könige sprechen nur einmal; Gelehrte sprechen nur einmal; eine Tochter wird nur einmal verheiratet. All diese Dinge geschehen nur ein einziges Mal."

Wenn man dieselben Gelübde wiederholt, die man bereits vor vielen Jahren ausgesprochen hat, ist es, als würde man seine eigene Ernsthaftigkeit in Frage stellen. Nur weil der Guru seine Pflichten vernachlässigt hat und herunterfällt, bedeutet dies noch lange nicht, dass der Schüler ebenfalls nachlässig im Einhalten des "Vertrags" ist. Für einen solchen Schüler kann es äußerst entwürdigend und peinlich sein, wenn auch er (jedes Mal) in Frage gestellt wird, wenn sein diksa-guru vom Pfad abweicht. Wir persönlich kennen Fälle, bei denen Gottgeweihte bereits dreimal eine Wiedereinweihung empfangen haben. Jedes Mal haben sie ihre bereits längst ausgesprochenen Gelübde wiederholt. Manchmal haben sie sogar andere Namen erhalten, was für alle Beteiligten etwas merkwürdig war.

Sri Srimad A.C. Bhaktivedanta
Swami Prabhupada

Alternativen zur Wiedereinweihung

Angenommen, ein betroffener Schüler möchte unbedingt seine Beziehung mit einem neuen spirituellen Meister in offizieller Form etablieren und zementieren. Er möchte eine Art Vertrag schließen, in dem beide Seiten ihre Ansprüche und Investitionen festlegen. Was gibt es für Alternativen, ohne dass es gleich zu einer Wiedereinweihung kommen muss? In ISKCON herrscht allgemein die Auffassung, dass ein solcher Vertrag oder ein solches gegenseitiges Versprechen immer in einer Wiedereinweihung enden muss. Als Alternative finden wir in den sastras ein gutes Beispiel. Im Caitanya-caritamrta wird die Geschichte von Saksi-Gopal erzählt. Vor der Altargestalt Gopal-Krsnas verspricht ein alter brahmana einem jungen brahmana feierlich, ihm seine Tochter als Frau zu geben. Der junge brahmana macht den alten darauf aufmerksam, dass jene Versprechen, die vor Gott gegeben werden, niemals gebrochen werden dürfen. Auf ähnliche Weise kann die Beziehung zwischen einem betroffenen Schüler und einem siksa-guru offiziell zementiert werden, wenn sich beide Seiten im Beisein der Altargestalt, der murti Srila Prabhupadas und der versammelten Vaisnavas das feierliche Versprechen geben, ihre Verpflichtungen einzuhalten. Der Schüler gelobt, den Anweisungen des siksa-gurus zu folgen und der spirituelle Meister verspricht, sich um den Schüler zu kümmern - genauso, wie er sich um seine diksa-Schüler kümmert. Im Anschluss kann harinama-sankirtana , das gemeinsame Chanten der heiligen Namen Gottes abgehalten und prasadam ausgeteilt werden. Auf diese Weise gilt jedes yajna und jede Zeremonie im Kali-yuga als erfolgreich ausgeführt.

Wiedereinweihung und Vaisnava-Etikette

Selbst wenn der Schüler trotz all dieser Hinweise darauf besteht, dass eine rituelle Wiedereinweihung von einem anderen diksa-guru stattfindet, darf er dabei die Vaisnava-Etikette nicht ignorieren. Wenn es irgendwie möglich ist, sollte er den alten diksa-guru hierfür um Erlaubnis fragen. Auch der neue diksa-guru sollte unbedingt versuchen, die Segnung des alten diksa-gurus zu erhalten. Ansonsten kann es passieren, dass es früher oder später zu unangenehmen Störungen in den Beziehungen der beteiligten Gottgeweihten kommt. Angenommen, der alte spirituelle Meister "fängt sich wieder" in seinem spirituellen Leben und stellt fest, wie zwischenzeitlich viele seiner Schüler von anderen Meistern neu eingeweiht wurden, ohne dass er um Erlaubnis gefragt wurde - weder von den Schülern, noch von den neuen Meistern. In solchen Fällen kann es auf allen Seiten zu unschönen vaisnava-aparadhas kommen.

Manchmal hört man auch Stimmen, die eine Wiedereinweihung wie folgt begründen. Sie sagen, dass der gefallene spirituelle Meister auch zur Zeit der Einweihung unqualifiziert gewesen sein muss, wie hätte er sonst zu Fall kommen können? Die Tatsache, dass er gefallen ist, sei der Beweis, dass er auch zur Zeit der Einweihung nicht qualifiziert war, Guru zu sein. Wir sollten uns jedoch darüber im Klaren sein, dass es schon immer Fälle gegeben hat, in denen spirituelle Meister von ihrem Standard herunterfielen. Dies wird ganz eindeutig von Narahari Sarkara, einem engen Beigesellten Sri Chaitanyas in seinem Buch Krsna-Bhajanamrta bestätigt. Sogar zu Sri Caitanyas Zeiten geschahen diese Dinge. Solchen gefallenen Gurus sollte immer eine vernünftige Möglichkeit gegeben werden, sich wieder zu fangen. In seinem Buch gibt er genaue Anweisung, wann und wie ein spiritueller Meister zurückgewiesen werden sollte. Er sagt auch, dass man sich in einem hoffnungslosen Fall einem neuen Guru zuwenden muss. Das Wort Wiedereinweihung wird von ihm jedoch nicht verwendet. Er benutzt lediglich den Ausdruck gurum anyam bhajet - man soll einen solchen neuen Meister verehren. Wer also behauptet, ein gefallener Guru sei von vornherein niemals als Guru qualifiziert gewesen, widerspricht den Aussagen Narahari Sarkaras, einem unserer vorangegangenen acaryas!

Gefährliche Logik

Es mag natürlich auch individuelle Grenzfälle geben, bei denen man für eine Wiedereinweihung in der ISKCON eintreten könnte. Angenommen, ein Schüler lässt sich von einem ISKCON-Guru einweihen und schon zwei Wochen später stellt sich heraus, dass dieser Meister schon seit vielen Jahren regelmäßig die Prinzipien bricht. Zu einer solchen Situation sollte es natürlich gar nicht erst kommen, denn die sastras empfehlen, einen spirituellen Meister ausreichend zu prüfen. Sollte dieser Fall trotzdem eintreten, hätte der Schüler das Recht, seine Einweihung zu annullieren, da die Frage entsteht, ob dieser Meister zur Zeit der Einweihung dem Pfad reiner Bhakti ernsthaft gefolgt ist. In einem solchen Fall ist es verständlich, dass der Schüler noch einmal richtig eingeweiht werden möchte und auch einen völlig anderen Namen empfangen will, um auf diese Weise seinen Neustart offiziell zu bekunden.

Man sollte jedoch mit einer solchen Beurteilung äußerst vorsichtig sein, denn oft wird voreilig geschlussfolgert, ein heruntergefallener Guru wäre von vornherein niemals qualifiziert gewesen. Bei einer solchen Begründung fehlt nicht mehr viel, und man argumentiert auf ähnliche Weise wie Narayana Maharaja. Dieser Führer einer Gaudiya-Matha-Splittergruppe sorgt in ISKCON-Kreisen regelmäßig für Empörung, da er ohne Erlaubnis Schüler einweiht, die bereits von ISKCON-Gurus eingeweiht wurden. Hierbei handelt es sich nicht nur um Schüler gefallener Gurus, sondern auch um Schüler, die immer noch einen amtierenden und unbelasteten spirituellen Meister haben. Narayana Maharaja begründet seine Wiedereinweihungen damit, die "Falldowns" von ISKCON-Gurus seien der Beweis dafür, dass ISKCON-Meister prinzipiell nicht qualifiziert sind. Da die meisten ISKCON-Gurus aus der westlichen Kultur stammen, könnten sie aufgrund mangelnder vaisnava-Eigenschaften ihre Schüler nicht zur Vollkommenheit führen. Ihre Einweihungen könnten deshalb nicht anerkannt werden. Er bezeichnet seine Einweihung nicht nur als eine Wiedereinweihung (Re-Initiation), sondern vielmehr als eine "wirkliche Einweihung" ("Real Initiation"). ISKCON-Mitglieder geben Narayana Maharaja indirekt Recht, wenn sie die Meinung vertreten, gefallene ISKCON-Gurus wären prinzipiell niemals qualifiziert gewesen, einzuweihen und deshalb wäre eine Wiedereinweihung notwendig. Auf diese Weise würde man diesem Führer fruchtbaren Boden für seine Argumentation geben, denn er könnte sich dann einfach auf ISKCONs eigenen Aussagen berufen.

Sannyasis geben praktisches Beispiel

Wir sehen, das Thema Wiedereinweihung ist eine recht heikle Angelegenheit. Durch Wiedereinweihung kann es zu vielen Missverständnissen und Störungen kommen, die sich auf das spirituelle Leben nachteilig auswirken. Im Falle, dass der diksa-guru herunterfällt, sollte man an Stelle einer Wiedereinweihung eine gesunde siksa- Beziehung vorziehen. Das geht nach unserer Ansicht aus den Aussagen der sastras und der vorangegangenen acaryas hervor und viele praktische Beispiele sprechen dafür.

Dass eine Wiedereinweihung nicht notwendig ist, zeigen uns auch viele der heute amtierenden ISKCON-Sannyasis, von denen der eigene einweihende sannyasa-guru heruntergefallen ist. Kein uns bekannter Sannyasi hat sich noch einmal einweihen lassen, obwohl dies nach der Schlussfolgerung von Danavir Goswami erforderlich wäre. Keiner dieser Sannyasis scheint seine sannyasa-Weihe als ungültig zu betrachten. Nun mag jemand fragen: Kann man die sannyasa-Einweihung denn überhaupt mit einer diksa-Einweihung vergleichen? Im Allgemeinen werden sannyasa-gurus nicht im selben Maße verehrt wie diksa-gurus. Doch was die eigentliche Übertragung des mantras betrifft sagen wir ja, denn die sannyasa-Weihe ist eine Prozedur, die nach denselben Prinzipien funktioniert wie die erste und zweite Einweihung: Es gibt den Schüler, den Guru, die Gelübde, die Übertragung des mantras (harinama, gayatri und sannyasa), die Zeremonie, die Zeugen usw. Aber warum hat kein (uns bekannter) Sannyasi jemals eine sannyasa-Wiedereinweihung empfangen? Viele dieser Prediger befinden sich seit Jahrzehnten auf einem hohen spirituellen Niveau. Spirituelle Stärke scheint also in erster Linie durch gesunde siksa-Beziehungen und durch praktischen Dienst zu entstehen und weniger durch wiederholte rituelle Zeremonien.

Für eine weitere Diskussion zu diesem Thema stehen wir gerne zu Verfügung.

 

1 HH Danavir Goswami: "Nochmal richtig eingeweiht werden" (im Original: Again Be Initiated Properly), am 20.09.2005 verfasst und abrufbar unter http://www.harekrsna.com/sun/editorials/09-05/editorials52.htm .

 

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