Wenn Gott etwas Selbst in die Hand nimmt

 

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Was hat es mit der Buchverteilung der Hare Krishnas auf sich?

Seit dem Bestehen der ISKCON bat Srila Prabhupada seine Schüler, die von ihm geschriebenen Bücher an möglichst viele Menschen zu verteilen. Diese Bücher sind Übersetzungen und Erläuterungen der zeitlosen Vedischen Literatur. Dazu gehören Werke wie die Bhagavad-gita und das Srimad-Bhagavatam, die von Gelehrten zur spirituellen und philosophischen Weltliteratur gezählt werden. Das Verteilen dieser Bücher ist ein Teil des Sankirtana-Yajnas, dem für dieses Zeitalter empfohlenen Vorgang für Gotteserkenntnis. Dieser yajna oder dieses Opfer wurde im 16. Jahrhundert von Sri Chaitanya Mahaprabhu, einem Avatar Krishnas im bengalischen Indien eingeführt. Seitdem gehen die Mitglieder und Freunde der ISKCON mit diesen Büchern gelegentlich in Fußgängerzonen und bieten sie dort den Menschen an. Dabei fragen sie interessierte Abnehmer nach einem Beitrag für die Herstellungskosten. Es handelt sich also nicht um ein Gewinn orientiertes Geschäft, sondern um die Förderung einer staatlich anerkannten Mission. Die Verteilung von Krishna-Literatur ist eine anerkannte gemeinnützige Tätigkeit, für die auch ein eigener Verein ins Leben gerufen wurde. Mit dem erwirtschafteten Geld sollen vorwiegend die Druckkosten abgedeckt werden, damit neue Bücher gedruckt werden können. Deshalb sprach Srila Prabhupada lieber von Buchverteilung als von Buchverkauf, um den Missionsgedanken im Vordergrund zu behalten.

 

Mangalananda im Jahre 1999
in einem Passfoto-Automat

Wenn Gott etwas Selbst in die Hand nimmt
von Mangalananda Dasa

Die folgende Geschichte ereignete sich vor einiger Zeit in Stuttgart. Ich hatte fast meinen ganzen Bücherstapel fertig verteilt, als ich beschloss, wieder in Richtung Auto zu laufen, um einen neuen Stapel zu holen. Als ich am Wagen ankam, hatte ich noch einige wenige Bücher übrig. Diese legte ich einfach auf den neuen Stapel - der nun aber ziemlich groß wurde. Ich konnte noch gerade eben über die Bücher herüber schauen und die Leute ansprechen.

Als ich in die Fußgängerzone zurückkehrte, passierte es: Die Frau, der ich die letzten drei Bücher verteilt hatte, kam plötzlich wieder auf mich zu, um mir diese entrüstet wiederzugeben, mit der Begründung, dass sie sich für solch einen Schwachsinn nicht interessiere und dass sie sofort ihr Geld zurück haben wolle. Sie legte mir die Bücher unsanft auf meinen Stapel, so dass ich kaum mehr gucken konnte. Das war alles ein bisschen zu viel für mein falsches Ego. Mit der Absicht, dieser ?blöden Ziege" eins auszuwischen, begann ich alle Euro- und Centstücke aus meiner Tasche herauszuholen, um ihr die fünfzehn Euro auf diese Weise wiederzugeben. Das verärgerte sie natürlich noch mehr uns sie machte einen Riesenterz. Sie bestand auf ihre drei Scheine. In diesem Moment platzte mir wirklich der Kragen. ?Hören Sie mal zu", sagte ich. ?Wenn Sie es schaffen sollten, in den nächsten zehn Minuten auch nur ein Buch zu verkaufen, dann...dann können Sie meinen gesamten Bücherstapel behalten!" Was ich da sagte, meinte ich auch so, doch zu meiner Überraschung schlug sie auf dieses Angebot ein! ?Gut", sagte sie, ?dann möchte ich ihnen aber ein Paar Minuten zuschauen, um zu sehen, wie Sie das machen." Damit hatte ich nicht gerechnet. Das musste wohl ein Arrangement Krishnas sein. Ich versuchte innerlich, eine demütige Haltung anzunehmen. So teilte ich den großen Bücherstapel - bestehend aus nun 27 Büchern - in zwei Hälften. Den einen halben Stapel trug ich, den anderen sie. In diesem Moment fing es auch noch an, heftig zu regnen, so dass wir beide in die überdachte Unterführung der Fußgängerzone gingen. In dieser Unterführung war es von den Geschäftsinhabern untersagt worden, Bücher zu verteilen und überall hingen Videokameras. Trotzdem begann ich die Leute anzusprechen, in der Hoffnung, dass niemand etwas bemerken würde. Gleich der erste Mann blieb stehen und mit großem Interesse kaufte er mir sofort vier Bücher ab. Kurze Zeit darauf nahm eine Dame drei Bücher mit. Ja, eine Person nach der anderen blieb stehen, zeigte sich interessiert und nahm Bücher mit.   Die letzte Person war ein Mann, der bereits vor einiger Zeit eine Bhagavad-gita gekauft hatte. Er stellte mir einige tiefe Fragen und beschloss daraufhin alle Bücher, die ich noch auf dem Arm hatte, zu kaufen. Das waren sieben Bücher auf einmal, und er gab, wie die anderen Leute auch, einen Beitrag für die Druckkosten und eine großzügige Spende für unsere Missionsarbeit. Während der ganzen Zeit lief diese Frau mit mir mit, stand immer dabei und trug die Bücher. Ihr Gesicht wurde immer mehr von Verwunderung und Ehrfurcht ergriffen. Und meines natürlich auch. Es war der schnellste Bücherstapel, den ich in meiner dreißigjährigen Buchverteilung jemals verteilt hatte. Siebenundzwanzig Bücher in zehn Minuten! Schließlich hatte ich kein einziges Buch mehr auf dem Arm. Ich sagte dann zu ihr: "Sehen Sie, nicht alle Leute sind solche harten Nüsse wie Sie! Es gibt auch Menschen, die für spirituelles Leben Interesse haben und diese Bücher wertzuschätzen wissen." Die Frau hatte Tränen in den Augen. Mit großer Reue gab sie mir die fünfzehn Euro zurück, obwohl ich auch ihre Bücher bereits verteilt hatte. Darauf sagte ich: ?Nun habe ich nur noch ein kleines Taschenbuch in meiner Tasche, was ich ihnen dafür geben kann." Doch sie sagte: ?Das macht nichts, Hauptsache die Adresse steht drin, so dass ich mit ihrer Gruppe in Kontakt bleiben kann." Die Frau wurde für diese zehn Minuten Zeuge dafür, was passiert, wenn   Gott eine Sache direkt übernimmt. Sie konnte wahrnehmen, wie die ganze Situation - das Verhalten der Leute, mein Verhalten, usw. - unmittelbar unter dem Einfluss einer göttlichen Energie stand. Auch nahm sie unmittelbar am Sankirtana-Yajna teil: sie trug die Bücher, sie lächelte, wenn die Leute lächelten und sagte Tschüß, wenn die Leute Tschüß sagten. So wurde sie in diesen zehn Minuten von Krishna direkt auf die spirituell Ebene erhoben.

 

Mangalananda Dasa, einer der ältesten
Buchverteiler Deutschlansd

Ein Interview mit Mangalananda Dasa, dem ältesten Buchverteiler Deutschlands

Gour-ni-times: Mangalananda Prabhu, du bist einer der ältesten aktiven Buchverteiler in Deutschland. Seit dreißig Jahren gehst du mit Srila Prabhupadas Büchern in Fußgängerzonen und sprichst dort Menschen an, um sie mit dieser Literatur bekannt zu machen. Von wo nimmst du dir diesen Antrieb, die Entschlossenheit und die lang anhaltende Begeisterung?

Mangalananda: Eine gute Frage. Ein wichtiger Faktor ist die Gemeinschaft. Ich versuche immer Gemeinschaft mit denjenigen zu haben, die auch begeistert und überzeugt von der Sankirtana -Bewegung Sri Chaitanya Mahaprabhus sind. Große Inspiration ziehe ich ebenso direkt aus den Büchern von Srila Prabhupada. Er hat unwahrscheinlich großes Mitgefühl für uns bedingte Seelen in der materiellen Welt aufgebracht, die er auch in seinen Erläuterungen zum Ausdruck bringt. In seiner Person und Arbeit sehe ich das große Bedürfnis zu helfen und ein großes Potential an Liebe. Der Leser kann sich von dieser Stimmung anstecken lassen.

Gour-ni-times: Viele ältere Mitglieder der ISKCON, die früher auch Bücher verteilt haben, orientieren sich momentan in Richtung wirtschaftlicher Absicherung. Wie stehst du dazu?

Mangalananda: Das ist sicherlich berechtigt. Doch man sollte bei all diesen Bemühungen nicht vergessen, dass   wir auch noch andere, höhere Werte im Leben haben. Nach wie vor wollen wir zurück nach Hause, zurück zu Gott gehen. Dieses Ziel sollten wir nicht aus den Augen verlieren. Wir sollten Krishna in unseren Bemühungen immer einbeziehen, auch   in den wirtschaftlichen und familiären. Wenn wir versuchen, getrennt von Krishna unser Leben in die Hand zu nehmen, dann werden wir mit Erfahrungen und Reaktionen konfrontiert, die nicht immer erfreulich sind. Der eine oder andere muss solche Erfahrungen sammeln, um wichtige Verwirklichungen zu machen. Auch ich hatte in meinem Leben schon öfters die eine oder andere Krise; deshalb nehme ich diese überbetonte Umorientierung nicht allzu ernst. Vielmehr habe ich die Hoffnung, dass bald wieder mehr Einsicht für die Notwendigkeit des spirituellen Lebens und ein größerer Geschmack für das Krishna-Bewusstsein entsteht. Trotz beruflicher und familiärer Pflichten können wir in unserer Freizeit für ein oder zwei Stunden mit Büchern hinausgehen und Menschen freundlich ansprechen. Das wird unser Leben und das anderer Menschen spirituell bereichern.

Gour-ni-times: Vielen Dank.

Mangalananda: Hare Krishna.

 

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